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Ausstellung: Traum und Gefäße

Ausstellung der kleinen Gesellschaft für Traum und Gefäße mit stART.up-Alumna Simone Kesting.

hinterconti e.V., Balduinstraße 24, 20359 Hamburg 16.5. 19:00 – 18.5. 20:00 Uhr

Im Zusammenhang mit unserem Traumerleben fällt gelegentlich das Wort „Ausschüttung“, und wie die hermetische Alchemie, so ist auch unsere Gehirnalchemie ein Gebilde aus Zu- und Abflüssen, ein Gefüge von Gefäßen und deren Verzweigungen, ein Mysterium Coniunctionis. Hermetisch nicht, weil luftdicht versiegelt, sondern nach dem Hermes Trismegistos, dem mythischen Mittler zwischen Orient und Okzident. Der Übergang von Sublimation, dem Phasenübergang, Festes wird flüssig, Schweres leicht, zu Sublimierung, Umleitung (oder auch Umschöpfung!) von Triebenergie – ist ein fliessender, von der Phase zur Vase.
Obgleich wir doch wissen, dass Traumgeschehen und dessen suggestive Szenen und Episoden der Begegnung mit Fremden, Besuchern von Außen, das Verweben mit Fern-Figurationen, sich doch allein aus uns schöpft und sich in uns ereignet, so fühlen wir uns doch wie eine Schale, in die von außen und über den Rand gegossen wird, und in jenem Kreiseln der Bilder ist alles in Bewegung, sie lösen sich aus dem Tagesrest, und jener matte Bodensatz gewinnt Geschmeidigkeit und Glanz, nimmt Fahrt auf und verbindet sich mit allem im Jenseits unserer (Hirn)-Schale – zumindest potentiell.
Arkanum 14, die Mäßigkeit, ist im Tarot mit der Darstellung einer lichten Engelsfigur geläufig, die aus dem einem Kelch in den anderen gießt, einen Fuß auf der Erde, den anderen im Wasser, mittelnd zwischen stet und unstet, fest und fluid. Aleister Crowley taufte Arkanum 14. in seiner Version des Tarot schlichtweg Kunst. Ferdinand Maack las einst aus der Formverwandtschaft unserer Fingerkuppen-Linien mit unseren Gehirnwindungen Beweiskraft dafür heraus, in den Fingerspitzen befände sich unser vergessenes zweites Gehirn – was das Formen eines Gefäßes aus Ton in ein besonderes Licht rückt. Kopf und Hand in fließenden Austausch bringen, zwei Gehirne als zwei Kelche, die sich in Schleife aus- und ineinandergießen: das gelingt wohl nur im Nichtdrandenken.
Was der Psychoanalyse als Verschluss-Sache die Krypta ist, ist für die Hermetik der Gefäße das Einweckglas. Beide im Keller, die Gläser so zahllos gestapelt und gereiht wie andernorts im Karner die Köpfe Verblichener. Gefäße sind tröstlich, sie bannen und verzögern Verfall, erhalten und enthalten das Flüchtige, Verderbliche, sie bewahren für die Zukunft, halten die Luft an und stehen für das Versprechen, dass es eine Zukunft gibt – und dass man ihr gut vorbereitet mit seinem Eingekochtem entgegentritt. Bricht einer das Tabu und öffnet das Einweckglas (wenn es nicht das eigene ist), so wandelt es sich zum Aufweckglas, und der entrückte „stumme“ Traumzustand ist beendet, der Spuk vorbei – oder aber: er beginnt! Das Aufgehobene, Aufgeschobene, es bricht in die Gegenwart ein, kehrt spür- und hörbar zurück – und sei es auch nur im Traum!

Diese Kleine Gesellschaft stellt nicht von ungefähr dem Traum das Gefäß gegenüber, sozusagen. Vielmehr: sie stehen dicht nebeneinander und tuscheln, tauschen aus.

Eröffnung am Freitag, den 16. Mai um 19 Uhr
Ausstellung: 17. und 18. 05. 2025  16 – 20 Uhr