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#Bildung #waszählt!

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeit des Netzwerks Kleine Forscher Hamburg

Dr. Bettina Schmidt, DESY - Kleine Forscher Hamburg

Klick. Ein weiterer Termin im Terminkalender wird gelöscht. Dafür lege ich mal wieder einen neuen Termin im Herbst an (und frage mich gleichzeitig, ob das zu optimistisch gedacht ist). Soeben habe ich mit der Hamburger Kunsthalle besprochen, dass die eigentlich für Juni geplante Fortbildung zum Thema Farben für Kita-Fachkräfte verschoben wird. Ich hatte mich sehr darauf gefreut, weil es die erste Fortbildung dieser Art ist, bei der wir mit der Hamburger Kunsthalle kooperieren. An einem Tag wird ein Thema sowohl aus naturwissenschaftlicher als auch aus künstlerischer Sicht betrachtet – diese erste Fortbildung soll ein erster Schritt hin zu einer Weiterentwicklung entsprechender Angebote sein. Aber: Aufgeschoben ist ja glücklicherweise nicht aufgehoben.

Die Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle ist ein besonderes Projekt – normalerweise bieten wir Fortbildungen für pädagogische Fach- und Lehrkräfte an, die mit Kindern im Alter von 3-10 Jahren in Hamburger Kitas und Grundschulen arbeiten. Die Fortbildungen decken Themen aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ab – mit dem Ziel, Kinder stark für die Zukunft zu machen und zu nachhaltigem Handeln zu befähigen. Alle Formate werden von der Stiftung Haus der kleinen Forscher in Berlin gemeinsam mit Experten/-innen entwickelt und in Kitas und Grundschulen pilotiert, bevor sie deutschlandweit in die Fläche gehen. Das Hamburger Netzwerk wird vom Forschungszentrum DESY getragen.

Durch die Fortbildungen unterstützen wir Fach- und Lehrkräfte dabei, gemeinsam mit den Kindern die Welt zu entdecken – immer anknüpfend am kindlichen Alltag. Sie lernen, den Forschungs- und Lernprozess besser zu begleiten, Ideen der Kinder aufzugreifen und mit gezielten Fragen Diskussionen anzuregen. Außerdem  erhalten sie die Möglichkeit, sich auszutauschen und ihre Rolle als Lernbegleitung zu reflektieren – ein wertvolles Entwicklungsangebot im oft sehr anspruchsvollen Alltag der pädagogischen Einrichtungen. In jeder Fortbildung können sie in Praxisphasen mit vielfältigen Alltagsmaterialien selbst entdecken und forschen, sich so in die Rolle der Kinder versetzen und ihren ganz eigenen Zugang zu den jeweiligen Themengebieten finden. Denn ohne eigene Begeisterung ist es schwer, andere Menschen (egal ob groß oder klein) zu begeistern.

Diese Praxisphasen zeichnen unsere Fortbildungen aus und machen es gleichzeitig so schwer, diese Präsenzformate einfach in Online-Angebote zu übersetzen. Die Stiftung Haus der kleinen Forscher bietet zwar schon länger Online-Fortbildungen insbesondere zu pädagogisch-didaktischen Themen auf ihrem Online-Campus an. Doch auch diese ersetzen die Praxisphasen keinesfalls. Dennoch ist das Angebot der Stiftung aktuell so gefragt wie nie zuvor: Nachdem sich normalerweise um die 200 Personen pro Monat neu auf dem Campus registrieren, waren es im März etwa 6.000 und im April 13.700 Neuanmeldungen.

Glücklicherweise sind bei DESY bereits die technischen Voraussetzungen gegeben, dass auch wir in größerem Rahmen Online-Formate anbieten können. Derzeit planen wir, drei verschiedene Informationsveranstaltungen für Hamburger Kitas und Grundschulen vor den Sommerferien in Form von Webinaren abzuhalten. Je nachdem, wie sich die Situation über den Sommer verändert, werden wir weitere Formate (z. B. Kollegiale Beratung zu MINT-Themen) in Abstimmung mit der Stiftung in Berlin entwickeln. Wir sind sehr gespannt darauf, wie viele Fach- und Lehrkräfte sich anmelden werden, da durch die weitere Öffnung der Kitas und Schulen riesige Herausforderungen auf die Einrichtungen zukommen. Durch die Teilung von Gruppen entsteht ein enorm hoher Raum- und Personalbedarf in einem Bereich, der vorher schon sehr mit Personalmangel zu kämpfen hatte. Doch auch, wenn die Anmeldezahlen aufgrund der besonderen Situation niedrig ausfallen sollten, wird sich die Vorbereitung trotzdem gelohnt haben: Die Formate wurden extra so entwickelt, dass sie auch über die Zeit der Pandemie hinaus nutzbar sind, sie sind für uns ein erster (und auch aufregender) Schritt hin zu digitalen Bildungsangeboten.

Im Netzwerk Kleine Forscher Hamburg teilen wir uns die Netzwerkkoordination zu zweit auf, zusätzlich haben wir mehrere freiberufliche Trainerinnen, die die Fortbildungen für die pädagogischen Fach- und Lehrkräfte geben. Mit ihnen sind wir momentan vermehrt in Kontakt, außerdem stimmen wir uns eng mit der Stiftung Haus der kleinen Forscher in Berlin und mit anderen Netzwerken in Deutschland ab. Seit Mitte März befinden wir uns im Homeoffice und haben inzwischen wie viele andere Menschen auch zahlreiche Video- und Telefonkonferenzen hinter uns gebracht.  Meine Kollegin Judith Trechsler, die vor allem für die Organisation der Fortbildungen zuständig ist, plant seitdem Veranstaltungen um oder sagt sie ab: So wird der Aktionstag „Tag der kleinen Forscher“ vom Mitmachangebot zum Malwettbewerb umgestaltet, Präsenzfortbildungen werden unter Vorbehalt auf den Herbst verschoben und Online-Angebote vorbereitet. Von der Entscheidung, ein Online-Format anzubieten, bis hin zur tatsächlichen Durchführung sind viele Kleinigkeiten zu beachten: Texte für Newsletter werden geschrieben, Präsentationen werden erstellt und mit interaktiven Elementen versehen, Datenschutzvorgaben werden geprüft, die Einrichtungen werden informiert. Wir hospitieren in anderen Online-Formaten, arbeiten uns in die Software ein und schreiben Konzepte für unsere geplanten Angebote. Außerdem gilt es, im Homeoffice einen guten Ort zu finden, der eine ausreichende Beleuchtung, Ungestörtheit und einen ruhigen Hintergrund bietet.

Meine Aufgaben (Vernetzung, Fundraising und pädagogische Qualität) sind im Kern gleich geblieben, dennoch stehe auch ich vor neuen Herausforderungen. Die Ungewissheit, wie es mit der Pandemie weiter geht, erfordert ein Planen mehrerer Alternativen, zum Beispiel für unsere Kooperation mit dem Lesefest „Seiteneinsteiger“. Da unser Netzwerk auch Gelder von Unternehmen und Stiftungen erhält, ist die Zukunft aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung außerdem nun ungewisser denn je.

Doch eines ist sicher: Die Bedeutung guter frühkindlicher Bildung ist nach wie vor groß. Die Corona-Pandemie führt uns deutlich vor Augen, wie wichtig Kompetenzen wie Hinterfragen, Recherchieren oder Bewerten sind und was für eine große Rolle ein gutes mathematisches und naturwissenschaftliches Grundverständnis spielt, um die aktuelle Situation basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen beurteilen zu können. Wir merken, wie bedeutsam es ist, die Perspektive wechseln zu können, um die Auswirkungen auf die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit erfassen zu können und um ein gemeinsames, rücksichtsvolles und solidarisches Miteinander zu gestalten. Diese Kompetenzen können bereits in der frühen Kindheit auf spielerische Art und Weise angebahnt werden und helfen uns im Erwachsenenalter dabei, z. B. Fake News und Verschwörungstheorien richtig einzuordnen, Aussagen von Wissenschaftlern/-innen angemessen zu bewerten und informierte Entscheidungen im Hinblick auf unsere eigene Lebensweise zu treffen.

www.haus-der-kleinen-forscher.de

www.kleine-forscher-hamburg.de

www.desy.de/

 

Foto: Christoph Wehrer

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