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#Kultur #waszählt!

"Expanded Book" | Künstlerbücher im Künstlerhaus Sootbörn, oder: Eine Ausstellung in der Ausstellung in der Ausstellung

Karin Kraemer, Illustratorin und grafische Künstlerin, stART.up-Alumna

Vera Drebusch und ich haben uns im stART.up-Förderjahr 2018/19 kennengelernt, und uns verbindet seither nicht nur eine enge Freundschaft, sondern auch verschiedene gemeinsame Projekte - unter ihnen beispielsweise ein Arbeitsaufenthalt in den Künstlerhäusern Worpswede oder das Erlernen des Töpferns an der Drehscheibe. So unterschiedlich unsere künstlerische Praxis auch ist - Vera ist Medienkünstlerin und ich bin Zeichnerin/Illustratorin - so stellten sich doch einige Gemeinsamkeiten und Verbindungen heraus: Das Interesse an Oberflächen und Strukturen ist eine davon, eine andere die Arbeit im Medium des Künstlerbuches, die einen wichtigen Teil unserer Arbeit ausmacht. Vera arbeitet sich in ihren vielen, für sich stehenden Künstlerbüchern an verschiedensten Materialien ab, und es entstehen dabei unter anderem fotografische Essays, Strukturstudien, Tagebücher und dokumentarische Porträts. Ich komme als Zeichnerin im Bereich graphische Erzählung ohnehin aus einer Branche, die eng mit dem Format des Buches verknüpft ist. Seit 2013 arbeite ich außerdem an meinem Almanach, einer Serie von gezeichneten Heften, die zugleich Chronik und Experimentierfeld für die Möglichkeiten der Zeichnung darstellen.

Anfang 2019 formte sich bei uns die Idee, eine gemeinsame Ausstellung zu konzipieren, in der das Medium des Künstlerbuches der Fokus sein sollte. Da das Medium so viele verschiedene Ansatzpunkte, Bearbeitungsarten, Materialitäten und Qualitäten beinhaltet, war schnell klar, dass wir die Ausstellung über unsere eigenen Ansätze hinaus erweitern und wir weitere Positionen einladen wollten, um die gemeinsame Schau zu bereichern. So stellten wir eine Auswahl von Künstler*innen zusammen, die eine große Bandbreite des Möglichen abbildet: Zeichnerische und malerische Positionen von Shai Yehezkelli, Gosia Machon, Kaja Meyer und Nikita Michelsen sind ebenso vertreten wie konzeptuelle Beiträge von Florian Egermann, Jan Hoeft, Johanna Reich und stART.up-Alumnus Ben Nurgenç. Mit den Büchern des stART.up-Alumnus Philipp Meuser und der Gemeinschaftsarbeit von Niklas Hausser & Philip Gaißer sind außerdem fotografische Dokumentationen vertreten. Unser Konzept beinhaltete außerdem die Erweiterung der Ausstellung durch ein Rahmenprogramm, in dem es Führungen, Workshops, Vorträge, Künstlergespräche und Performances geben sollte, um das Medium dem interessierten Publikum über die einzelnen Werke hinaus zugänglich zu machen. Mit dem traditionsreichen Künstlerhaus Sootbörn fanden wir schließlich im Herbst letzten Jahres einen Ausstellungsraum, der uns durch Größe und Architektur ausgesprochen geeignet schien, unser Vorhaben in die Tat umzusetzen; die Entscheidung für uns als Ausstellende fiel im Ausschreibeverfahren schließlich einstimmig.

Mitten in den Antragsrunden um die Förderung des Rahmenprogramms machte uns dann Corona vorerst einen Strich durch die Rechnung. Alle Planungen wurden auf Eis gelegt, und lange war nicht klar, ob und in welchem Rahmen die Ausstellung unter den gegebenen Umständen würde stattfinden können. Nachdem nach und nach Lockerungen beschlossen wurden, stand dann recht kurzfristig fest, dass die Ausstellung zwar wie geplant im August 2020 stattfinden kann, aber wie genau die Bestimmungen für Veranstaltungen und Hygienekonzepte sein würden, war weiterhin ungewiss. Offensichtlich war, dass wir unter diesen Umständen ein Rahmenprogramm schlecht planen können: Vortragende hätten schon lange eingeladen werden müssen, Reisen geplant, Termine veröffentlicht und Einladungen verschickt. Dazu kam die Befürchtung, dass die Hamburger Bevölkerung zurückhaltend sein würde, was das Besuchen von kulturellen Veranstaltungen inmitten der Corona-Krise angeht, weil die Angst vor einer Ansteckung groß sein könnte. Also fragten wir uns: Wie können wir unser Anliegen trotzdem deutlich machen? Wie können wir nicht nur eine tolle Ausstellung in den Räumlichkeiten gestalten, sondern die Künstlerbücher und die Positionen der Künstler*innen über die Grenzen des Künstlerhauses hinaus für interessierte Personen zugänglich machen? Wir entwarfen daher ein Konzept für einen Blog, den wir während der Ausstellung mit Materialien zu den Künstlerbüchern und den Künstler*innen füttern wollten: Eine Erweiterung der Ausstellung in den digitalen Raum also. Mithilfe der Claussen-Simon-Stiftung konnten wir dieses Vorhaben in die Tat umsetzen und haben im Vorfeld der Ausstellung einen Großteil der Bücher abgefilmt und fotografisch dokumentiert. Nach der Ausstellungseröffnung am 7. August folgt nun die Post-Produktion, und die Videos stehen kurz vor der Veröffentlichung auf dem Blog - einige der Fotos sind bereits zu sehen. Außerdem führten wir mit den beteiligten Künstler*innen Kurzinterviews, in denen sie Einblicke in ihre Arbeiten mit dem Medium Künstlerbuch geben konnten.

ür die Ausstellungseröffnung konnten wir die Kunsthistorikerin Katharina Groth (ehemals Kuratorin der Künstlerhäuser Worpswede und nun Inhaberin eines Verlags für Künstlerbücher) gewinnen, eine Rede und Einführung über das Thema Künstlerbücher und unsere Ausstellung zu halten. Ihr Text bietet einen guten Einstieg in die Materie »Künstlerbuch«, die vielen Kunstinteressierten noch nicht so geläufig ist. Neben den Kurzinterviews ist der Text von Katharina Groth in einem gedruckten Booklet in der Ausstellung zu lesen und wird ebenfalls auf dem Blog zur Ausstellung veröffentlicht. 

Wie lief es denn nun bisher? Vergangenen Freitag, am 7. August 2020 war es soweit: „Expanded Book | Künstlerbücher im Künstlerhaus Sootbörn“ feierte Eröffnung und machte uns als Ausstellende mehr als glücklich. Unter besonderen Hygienemaßnahmen (Mundschutz in allen Innenräumen und Einmalhandschuhe für das Blättern in den Büchern) hörten um die 80 Personen die Rede von Katharina Groth und schauten die Ausstellung an. Der schöne Außenbereich des Künstlerhauses Sootbörn bot außerdem genug Platz, nach dem Ansehen der Ausstellung noch gemeinsam ein Getränk an diesem warmen Sommerabend zu genießen und auf die Eröffnung anzustoßen. Bis Mitternacht blieben die Gäste und hinterließen uns viel positives Feedback zur Ausstellung und zur Zusammenstellung der Künstlerbücher. Auch am Wochenende nahmen viele Interessierte das schöne Wetter zum Anlass, einen Ausflug zum Künstlerhaus in Niendorf zu machen und die Ausstellung anzusehen. Uns freut vor allen Dingen, dass sich die Besucher*innen viel Zeit nehmen, die vielen Positionen aufmerksam zu betrachten: Im Durchschnitt verbringen sie damit zwischen 30 und 90 Minuten, was für uns eine große Freude und auch Bestätigung ist. 

Die Ausstellung kann noch bis zum 23. August 2020 vor Ort angesehen werden, und zwar immer samstags und sonntags zwischen 14 und 18 Uhr und rund um die Uhr auf unserem Blog. Wir sind zu den Ausstellungszeiten vor Ort und freuen uns über Euren Besuch und interessante Gespräche mit Euch.

 

Foto: (c) Philipp Meuser
 

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