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#Coronazeit #Ehrenamt #waszählt!

Kultur ist kein Luxus - Solidarität ebenso wenig.

Lisa Schmalz, Alumna bei stART.up

Samstag 28. März 2020. Wenn ich hier so in der Sonne auf meinem Balkon sitze und auf die Kräne der Elbe blicke, vergesse ich für einen kurzen Moment, was in der Welt passiert. Ich sehe Menschen (für einen Samstag sind es im Portugiesenviertel doch irgendwie zugegebenermaßen wenig), ich höre Autos, die U-Bahnen fahren. Dann aber passiert etwas Erstaunliches: Meine Nachbarn aus dem Nachbarhaus, mit denen ich seit drei Monaten Wand an Wand lebe und noch nie ein Wort gewechselt habe, und ich erblicken uns auf den jeweiligen Balkonen, wir lächeln uns das erste Mal zu, irgendwie wissend, irgendwie mit dem Subtext: Ich hoffe, euch geht es gut in dieser surrealen Zeit… – plötzlich beginnt Musik: Ach ja, denke ich, immer um zwölf spielen und singen sie seit einer Woche auf den Balkonen unserer Straße „La Paloma“, es wird geklatscht. Dann ist es still. Und jetzt merke ich: Es ist zu ruhig für einen Samstag… und warum sitze ich in aller Seelenruhe auf dem Balkon – eigentlich, steht noch in meinem Kalender, sollte ich in diesem Moment proben für das Konzert am morgigen Sonntag. März 2020. Ich habe beschlossen mir einen neuen Kalender anzulegen, statt all die ausgefallenen Konzerte und Vorstellungen auszuradieren – das kommt mir irgendwie positiver vor. Corona Week 3.

Am 12. März sickerte im Laufe des Tages – ich war gerade am Proben auf Kampnagel –, die Nachricht durch, dass die Hamburger Theater bis Ende April alle Vorstellungen absagen. Am Abend desselben Tages saß ich mit meinem Freund in unserer Küche und schnell war klar: Ich möchte etwas tun. Ich möchte in der Unplanbarkeit, in dieser Situation, die (noch) kein Ende kennt und die die größte gesellschaftliche Notsituation ist, die unsere Generation erlebt hat, anpacken. Meine Eltern arbeiten beide im Gesundheitswesen ,und so war es wahrscheinlich diesem Umstand geschuldet, dass mir ein Angebot für Kinderbetreuung der Kinder des Krankenhauspersonals – summa summarum, der Menschen, die in der kritischen Infrastruktur arbeiten – als erstes in den Sinn kam. Aus einer Idee am Küchentisch wurde mit der Hilfe eines befreundeten Grafikers innerhalb der nächsten 24 Stunden ein Aufruf zu einer kleinen Initiative. Kinderbetreuung, angeboten von Künstlern/-innen, um die Menschen, die in den nächsten Wochen oder womöglich Monaten einen unabdingbar wichtigen Teil zum Weiterfunktionieren unserer Gesellschaft leisten und wahrscheinlich mit einem extrem erhöhten Level an Arbeiten konfrontiert sind, wenigstens marginal zu entlasten, da ja währenddessen die meisten von uns Kreativschaffenden unfreiwillig weniger Arbeit haben werden. Wir bekamen eine erste Handvoll Rückmeldungen. Regina Back und Jenny Svensson von der Claussen-Simon-Stiftung ermöglichten dann den Versand des Aufrufs über die Kanäle der Stiftung (danke!), worauf die Anzahl der Freiwilligen in die Höhe schnellte. Es war ein rührender und toller Moment, das Engagement und Interesse der Stipendiatenschaft ein weiteres Mal zu erleben. Momentan sind wir immer noch auf „Standby“: Wir haben mit fast allen großen Hamburger Krankenhäusern und der Ärztekammer Kontakt aufgenommen und sofortige und ausgesprochen dankbare Antworten erhalten. Diese Woche haben die meisten Notbetreuungsformate von Kitas, Schulen oder der Arbeitgeber/-innen selbst noch gehalten – die Krankenhäuser erwarten, dass sich diese Lage angesichts der zunehmenden Zuspitzung des Verlaufs der Pandemie von Tag zu Tag in den nächsten Wochen ändern kann und bitten uns, zur Verfügung zu stehen. 

Am Rande: Falls jemand Kontakte zu Apothekern/-innen, Feuerwehrfrauen und -männern, Polizisten/-innen, Müllfrauen und -männern, Kassierern/-innen … hat, möge er oder sie sich sehr gerne bei uns melden.

Die Betreuung von zwei Kindern einer Familie konnten wir in den letzten Wochen beginnen - während die Mutter dann ins Krankenhaus musste, um als Medizinethikerin auf der Intensivstation zu arbeiten. Es ist nur ein kleiner Teil, den wir beitragen können, aber wenn ich dann abends noch ans Klavier gehe, um meine Arien zu üben, geht es mir ein bisschen besser. 

#Kultur ist kein Luxus - Solidarität ebenso wenig.

Kontakt: corona.kinderbetreuung@gmail.com

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