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#Community #Stiftung #Transdisziplinarität

Stipendiat:innentreffen 2021. Und warum genau mir die Tränen kamen

Daniel Bucurescu, Pianist, Kulturvermittler und stART.up-Stipendiat

Als aktueller Stipendiat des stART.up-Förderprogramms der Claussen-Simon-Stiftung war mir die Teilnahme am digitalen Stipendiat:innentreffen mit dem Titel „Was wird?“ im September 2021 eine große Freude! Es war mein erstes dieser Art und bot mir eine fantastische Gelegenheit, sowohl mit meinem Workshop „#CRAZY6“ ein neues Format der Kreativitätsvermittlung auszuprobieren als auch mit der Moderation des abschließenden Konzerts „Der Humor ist der Regenschirm der Weisen“ der Sopranistin Pia Davila und der Pianistin Linda Leine, beide stART.up-Alumnae, einen persönlichen Beitrag als kreativschaffender Künstler in Hamburg zu leisten.

Ich bin Daniel, komme ursprünglich aus Berlin und bin 31 Jahre alt. Als Pianist und Performer vermittle ich Kultur durch künstlerische Interdisziplinarität, Partizipation, Education-Projekte und durch neue Kontextualisierungen klassischer Musik. 
Diesen Blogbeitrag über das Stipendiat:innentreffen schreibe ich mit einigen Monaten Distanz, aber mit einem Lächeln im Gesicht, wenn ich an die zwei produktiven Tage im vergangenen September zurückdenke.

Der Moment der ersten Liveschaltung ins Plenum ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. Ich staunte über die enorme Anzahl der Teilnehmenden, die sich – der Corona- und bis dahin bereits lange anhaltenden Homeoffice-Situation zum Trotz – zwei Tage versammelten, zusammen kreativ brainstormten und sich das Ziel setzten, der Frage „Was wird?“ auf den Grund zu gehen. Und genau so war’s: Viele Gründe wurden erreicht.

Mein Workshop „#CRAZY6: Die Kreativmethode zur schnellen Ideenfindung“ war ausgebucht und sollte vermitteln, was passieren kann, wenn man es tatsächlich schafft, den:die eigene:n innere:n Kritiker:in auszuschalten und sich frei und offen jeder Idee oder jedes absurden Gedankens anzunehmen. Der Zeitdruck, zweimal innerhalb von sechs Minuten sechs Ideen zu generieren, hilft dabei erfahrungsgemäß enorm! Drei Fakten sind dabei wichtig:
A)    Jeder Mensch ist kreativ!
B)    Jede Idee ist wertvoll!
C)    Für ALLES können kreative Ideen entstehen!

Und was soll ich sagen? Genau so war’s!

Die 14 Teilnehmenden aus verschiedenen Stipendienprogrammen der Claussen-Simon-Stiftung (stART.up, Early Bird-Frühstudium, B-MINT, Master Plus, Dissertation Plus, Horizonte) entwickelten zum Beispiel Ideen für neue Konzertformate, mögliche Szenarien für die erfolgreiche Gestaltung eines Erasmus-Jahres und ein detailliertes Konzept für eine Flurgarderobe. Why not! Die Plattform ZOOM war hier keinesfalls ein Problem: Mit den Reaktionsmöglichkeiten, den Emojis, konnte man schnell die eigene Begeisterung über kreative Impulse aus dem Plenum ausdrücken. Das Schöne an Kreativ-Workshops ist, dass kein Beitrag dem anderen gleicht, und ich selbst merke, dass sich durch die vielen Impulse der Teilnehmenden meine eigene Kreativität stetig ändert und weiterentwickelt. Danke an dieser Stelle an alle Teilnehmenden für die Energie und die grenzenlos kreativen Ideen!

Aufregend ging es für mich an diesem Tag weiter: Kaum war mein 80-minütiger Workshop zu Ende, schwang ich mich auf mein Fahrrad und fuhr zum TONALi SAAL ins Hamburger Grindelviertel, um den für das Abendprogramm geplanten und live gestreamten Liederabend mit dem Titel „Der Humor ist der Regenschirm der Weisen“ – ein wunderbares Zitat Erich Kästners – mit vorzubereiten. 
Der Technik-Check mit dem Film- und Streaming-Dienstleister Studio 17 stand an, ich überarbeitete nochmals meinen Moderationstext, hörte den Künstlerinnen Pia Davila und Linda Leine beim Proben zu, stimmte mich mental auf die Thematik des Abends ein und genoss alles in allem das entspannte Beisammensein mit allen am Konzert Beteiligten. 

Musik. 
Verfemt. 

… ein zweischneidiges Schwert: Bereits Wochen vorher kristallisierte sich dieser Aspekt in der Konzeption und Umsetzung des Programms als wichtigster für meine Aufgabe als Moderator heraus. Die Musik ist zweifellos genial und viel stärker in unserem Alltag integriert, als uns bewusst ist – „Mein kleiner grüner Kaktus“ ist nur ein Beispiel. 
Wenn aber die historischen Umstände klar werden, unter denen diese Musik entstanden ist, bekommt die Materie einen völlig neuen, fast schon bitteren Beigeschmack. Den beiden Künstlerinnen Pia Davila und Linda Leine war es bei der Konzeption dieses Programms sowohl wichtig, sich auf Ernstes zu besinnen, aber andererseits auch die gemeinsame Botschaft verfemter Komponist:innen zu vermitteln: Mit Humor lässt sich Schwieriges leichter ertragen. Denn: „Der Humor ist der Regenschirm der Weisen!“

In der Aufgabe als Moderator des Abends sah ich also meine größte Herausforderung darin, dieser ernsten Thematik der verfemten Musik zum einen gerecht zu werden und zum anderen den Humor nicht zu vernachlässigen. Der Abend wurde für mich etwas sehr Besonderes und bereicherte mich um eine sehr persönliche Erfahrung: Beim erfolgreichen Moderieren kommt es nicht ausschließlich auf einen vorbereiteten Text an, sondern auch auf eigene Gefühle und Stimmungen und darauf, ob eine starke Verbindung zu der künstlerischen Botschaft besteht. Im melancholischen Mittelteil „erwischte“ es mich und ich konnte es nicht vermeiden, die eine oder andere Träne zu verdrücken – trotz der Professionalität, mit der ich als Moderator versuchte, mich der Thematik anzunehmen. Das ist mir noch nie passiert! Ob es an der Emotionalität des Liedes „Wiegala“ von Ilse Weber, an seiner Schwermut, der aktuellen Situation rund um Corona oder an einer Kombination von allem lag, kann ich nicht sagen. In diesem Moment war ich dennoch dankbar: zum einen dafür, gerade nicht im Kamerafokus zu stehen, zum anderen aber für einen sehr persönlichen Moment. Das Vorbereiten auf meinen nächsten Moderationsteil war gar nicht so leicht.

Der Liederabend fand ein rundes, humorvolles Ende und ermöglichte es mir, mich an ein Gefühl zu erinnern, welches ich als Pianist von eigenen Konzerten gut kenne, was ich aber durch die Corona-Pandemie länger nicht erlebt hatte: Das zufriedenstellende Gefühl eines künstlerischen Erfolgs, der als Teil einer Gruppe erreicht werden kann. Hier macht das Künstler:in-Sein besonderen Spaß!

Das Stipendiat:innentreffen 2021 ging mit dem Konzert emotional und nachdenklich, gleichzeitig humorvoll und optimistisch zu Ende. Auf das nächste freue ich mich schon sehr, und ich hoffe auf die Möglichkeit einer Live-Version in Ratzeburg. Über die Erfahrungen beim Stipendiat:innentreffen bin ich sehr glücklich und dankbar. 
Besonders dankbar bin ich dafür, Teil einer so tollen Stipendiat:innenschaft zu sein! 

DANKE!
 

Foto: Zuzanna Specjal

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